Der Wegeverlauf zwischen Königsbrück an der Pulsnitz und Lauban/Lubań am Queis/Kwisa

Text und Bilder:
Joachim Hennig,
Entlang der VIA REGIA - auf den Spuren eines mittelalterlichen Handelsweges durch die Oberlausitz


Von Königsbrück nach Kamenz
Mit dem Durchqueren der Pulsnitz hatte der Fuhrmann einst das Land der Milzener, später das Land Budissin und im Hochmittelalter die Oberlausitz erreicht. Schon bald wurde hier vom böhmischen König eine Stadt mit Festung und Zollstätte planmäßig angelegt und eine Brücke über die Pulsnitz errichtet. Sie führte in ein Land des Aufbruchs, des Waren- und Kulturaustausches, in das spätere Sechsstädteland.

"Kuningebruc" war um 1158 der Name des heutigen Königsbrück. Wenn im Folgenden die heutigen Orts- und Straßennamen verwendet werden, dann heißt das nicht, dass dieselben von alters her in Gebrauch waren. Es soll damit nur leichter gemacht sein, den einstigen Straßenverlauf der VIA REGIA nachzuvollziehen.

Wir orientieren uns auf unserer Fahrt gegen Osten und werden sie in Lauban am Queis beenden. Wir haben dann jenes Land durchquert, das 1076 an die Krone Böhmens ging und - mit kurzen Unterbrechungen - bis 1635 als Nebenland dort verblieb. Kein Wunder also, wenn wir für dieses Teilstück der VIA REGIA auch dem Namen "Via regia Lusatiae" begegnen.

Über die bekannte "Baderbrücke" führte die "Frankenstraße" in die Stadt Königsbrück, wo sie sich mit der VIA REGIA kreuzte. Wir verlassen Königsbrück in östlicher Richtung und erreichen über Reichenau und Schwosdorf Kamenz, sorbisch Kamjene = Ort am Stein. In den Forschungsarbeiten von Herzog wird noch auf eine weitere mittelalterliche Verbindung hingewiesen, die wohl nach Koitzsch und dann weiter über Neukirch nach Kamenz führte. Interessanter dürfte aber die erstgenannte Route sein, bietet sie uns doch kurz vor Reichenau, parallel zur Dorfeinfahrt, einige Kilometer "Hohe Straße", und im Wald vor Schwosdorf sind Hohlwege der alten VIA REGIA zu bestaunen. In der Lessingstadt Kamenz steht eine aussagefähige Museumslandschaft bereit, unser Wissen zu vervollkommnen.


Über die „obere" oder "niedere" Straße von Kamenz nach Budissin/Bautzen
Die Etappe von Kamenz nach Bautzen lässt uns ebenfalls zwei Routen wählen. Die wahrscheinlich ältere Wegeführung ist als "alte" Straße oder "obere" Straße bezeichnet und verlief durch den Spittelwald nach Nebelschütz. Wir fahren richtig auf der VIA REGIA, wenn wir uns über Wendischbaselitz, Höflein, Crostwitz und von Salzenforst aus hinunter nach Seidau vor Bautzen begeben. Schon von Salzenforst aus haben wir den herrlichen Blick über das "Nürnberg der Oberlausitz" bereits im Jahre 1002 als Stadt erwähnt. Für den Handelsmann bedeutete das Herberge, Pflege der Tiere, Überholung der Ausrüstung, und es versprach ihm Andacht unter dem Schutzpatron der Händler, dem Hl. Nikolaus.

Die Stadt bot aber nicht nur Rast, sie forderte auch Warenpräsentation und Teilnahme am städtischen Markt. Und die Stadt forderte Abgaben und Steuern. Nicht zuletzt deshalb waren die Niederlassungen der Fernhändler oft außerhalb der Stadtmauern angelegt.

Die schon erwähnte zweite Straße von Kamenz nach Bautzen führte als "niedere" Straße bei der Großen Mühle über das Lange Wasser, danach durch die Furt der Schwarzen Elster zur heutigen Bautzner Straße. Über die Miltitzer Wiesen ging es weiter zum Kloster Marienstern, an diesem vorbei nach Schweinerden, Siebitz, Lehndorf, Prischwitz, Bloaschütz, und wie auch die "obere" Straße erreichte sie über Seidau die Spreefurt, später Brücke und vermutlich auch die Fernhändlersiedlung von Bautzen. Für diese Variante spricht sich Blaschke in seinen Arbeiten aus, und er erkennt auch in den Ruinen der alten Nikolaikirche die mittelalterliche Kirche der Fernhändlersiedlung. Schrammek hingegen meint mit der Geschichte der Liebfrauenkirche den Händlerstandort in diesem Bereich nachweisen zu können. So bleibt noch Arbeit für die Forschung.

Auf dem Wege von Kamenz nach Bautzen werden wir an zwei herausragende Persönlichkeiten des Christentums erinnert: Cyrill und Methodius. Sie hatten im 9. Jahrhundert das Evangelium im Großmährischen Reich, dem Sammelbecken slawischer Stämme nach der keltischen Besiedlung, verkündet. Das Milleniumsdenkmal, im Jubiläumsjahr 2000 errichtet, befindet sich auf einer Höhe zwischen Dreikretscham und Schmochtitz.


Auf verschiedenen Wegen im Gebietsstreifen zwischen Budissin/ Bautzen, Schöps und Görlitz
Auf dem Wege von Bautzen nach Görlitz war die VIA REGIA im wahrsten Sinne ein Verkehrskorridor, der bei Kittlitz seine südlichste und bei Gröditz/ Weißenberg seine nördlichste Ausdehnung hatte. Mehrere Trassen, die alle das Löbauer Wasser überqueren mussten, fanden sich bei den zwei slawischen Burganlagen am Schwarzen Schöps wieder zusammen.

Die mittlere der Trassen ist für uns wohl am einfachsten zu verfolgen. Im ersten Teil der Strecke gab es mehrere Querverbindungen, befanden sich doch in diesem Gebiet die Tafelgüter der Krone. Bei Beigern entscheiden wir uns für die gewünschte Trasse. Zwischen den Burgwällen Beigern und Rackeln hindurch führt der Weg in die leicht nördlich abbiegende Strecke, deren mittelalterlicher Verlauf aber nicht mehr ohne Weiteres erkennbar ist. Fahren wir aber von Beigern aus über Nechern, vorbei an Kotitz, südlich vorbei an Weißenberg, nach Wasserkretscham und Rotkretscham, Cunnewitz nach Schöps, dann haben wir die mittlere Strecke im mittelalterlichen Verlauf erlebt, wenn auch die Burgwälle außer Betrieb sind, die früher unbefestigten Straßen inzwischen asphaltiert wurden, Brücken anstelle der beschwerlichen Furten vorhanden sind, kein Straßenzoll in Rotkretscham mehr zu entrichten ist.

Wir wollen uns erinnern, dass die Zollbelastungen in Deutschland sehr lange bestanden. Erst 1834 mit der Bildung des Zollvereins wurde auch die Oberlausitz von unnötigen Lasten frei. Eine der letzten Kontrollstellen an der Via Regia, der Rotkretscham, war ja noch Landesgrenzkontrollstelle geworden, nachdem sich Preußen beim Wiener Kongress mit seiner Forderung durchgesetzt hatte, die nördliche und östliche Oberlausitz von Sachsen abgetreten zu erhalten. Erst nach 130 Jahren wurde der nördliche Teil wieder an Sachsen zurückgeführt.

Mehrere Abzweigungen von der mittleren Trassenführung werden vermutet. Von der Forschung anerkannt ist der Abzweig bei Kotitz, der vorbei am legendären Stromberg nach Nostitz führte. Bei Nautitz querte er das Löbauer Wasser und am Petschkenberg vorbei ging es zu den Schanzen am Schöps. Noch einmal zurück zur Zollstelle Rotkretscham. Nur etwa einen Kilometer östlich am Ortsausgang von Cunnewitz haben Heimatfreunde einen Stein ausgegraben und wieder errichtet. Der Stein sagt aus, dass an dieser Stelle vor etwa 200 Jahren der Abzweig der Waldstraße zu lokalisieren sei. Die Kartenskizzen nach Aurig und Herzog lassen den Schluss zu, dass sich an dieser Stelle auch das Aufeinandertreffen der nördlichen und mittleren Haupttrasse der VIA REGIA befunden haben muss. Die in Schöps sich zusammengefundenen Wege gingen dann einheitlich weiter durch das Ackerbürgerstädtchen Reichenbach nach Markersdorf, um schließlich am Nordrand der Stadt Görlitz die Fernhändlerniederlassung im Nikolaiviertel zu erreichen. Mit Görlitz war ein Handelsplatz erreicht, der nicht nur über mehrere Lager- und Stapelrechte verfügte, er war auch ein wichtiger Kreuzungspunkt, der vor allem in der Mitteleuropapolitik Karls IV. eine bedeutende Rolle spielte.

In diesem Abschnitt des mittelalterlichen Wegeverlaufs ist noch nicht auf die südliche Trasse des Wegekorridors eingegangen worden. Nach Seeliger ist dieser Wegeverlauf in seiner Grundführung mit dem der heutigen Fernverkehrsstraße B 6 vergleichbar. Allerdings nicht so geradlinig, sondern fast schlangenförmig und dabei die Ortschaften Nadelwitz, Baschütz, Kubschütz, Hochkirch südlich tangierend, danach auch Eiserode und Kittlitz. Dieser südliche Zweig der Via Regia überquerte in der Georgewitzer Skala das Löbauer Wasser, setzte seinen Weg fort über Reichenbach, Gersdorf, Jauernick, nahm bei Radmeritz eine der Furten über die Neiße und erreichte über Sulikow/Schönberg die östliche Sechsstadt Lubań/Lauban.


Wege in der östlichen Oberlausitz von Görlitz/Zgorzelec nach Lubań/ Lauban
Mit der nächsten Etappe überqueren wir die heutige Staatsgrenze von der Bundesrepublik Deutschland in die Republik Polen, aber wir bleiben in der Oberlausitz, die erst am Kwisa/Queis ihre Grenze findet. Am östlichen Stadtrand von Zgorzelec/Görlitz orientieren wir uns erst einmal. Im Süden erkennen wir das Jeschkengebirge und das sich anschließende Isergebirge mit Smrk/Tafelfichte und Wisoka Kopa/Grüne Koppe als den höchsten Erhebungen dieses Granitgebirges. Bis kurz unter den Gipfel des Smrk/der Tafelfichte streckt sich der Südzipfel des einst Oberlausitzer Queiskreises. Im frühen Mittelalter gehörte dieses Gebiet zum Ostausläufer des Zagost. Unser Blick schweift weiter gegen Südost und ahnt in der Ferne die Śnieżka/Schneekoppe, den mit 1602 m höchsten Gipfel des Karkonosze/Riesengebirges. Die südliche Gebirgsbarriere wird an verschiedenen Stellen durchbrochen und verbindet die vom Süden heranführenden Straßen mit der VIA REGIA oder kreuzt sie.
Der südliche Wegeverlauf über Sulikov nach Lubar wurde schon im vorangangenen Abschnitt erläutert. Der Hauptverlauf der VIA REGIA von Görlitz nach Lubań/Lauban ist heute etwa mit dem Verlauf der Fernverkehrsstraße 356 gleichzusetzen. Dabei tangieren wir die Ortschaften Łagów/Leopoldshain, Trójca/Troitschendorf, Białogórze/Lichtenberg, Nowa Karczma/Neukretscham und Pisarzowica/Schreibersdorf. Das Gelände des bei Białogórze/Lichtenberg unterbrochenen Höhenzuges mit teils sumpfigem Gebiet dürfte der mittelalterlichen Wegbenutzung so manche Probleme bereitet haben.

Die genaue Trassenführung bedarf noch der weiteren Forschung. Im Mai 2007 wurde in der polnischen und deutschen Presse erneut über den Fund einer Postmeilensäule berichtet. Wiederum ein Beweis, dass die VIA REGIA ab dem 17./18. Jahrhundert auch die Funktion einer Poststraße übernommen hatte. Wenn wir Lubań/Lauban erreichen, können wir an dem restaurierten Marktplatz eine bereits 2006 restaurierte und wiedererrichtete Postmeilensäule bewundern.

Über den Fluß Kwisa/Queis verabschiedet sich seit altersher die Hohe Straße von der Oberlausitz; ein nördlicher Weg über Godziesźow/Günthersdorf wechselte bei Nowogrodziec/Naumburg. Im etwa 60 km östlicher gelegenen Legnica/Liegnitz erinnert die Schlacht bei Wahlstatt im Jahre 1241 an den "Zorn der Tartaren", jener mittelalterlichen Katastrophe, die nicht vergessen lässt, dass Handelswege keineswegs nur friedliche Funktionen erfüllten.